14 Nov Mit Bedacht zum Erfolg
Hidden Champion- Sie versorgen Pathologie, Zytologie und Histologie für die Diagnostik von Krebs und Autoimmunerkrankungen mit Verbrauchsmaterialien. Auch die fachgerechte Archivierung von Präparaten bieten sie an: Wie sich die Engelbrecht Medizin- und Labortechnik GmbH zum Marktführer entwickelte.
Es ist nicht immer einfach, denn wir sind nicht immer einer Meinung. Aber wir finden generell einen Weg, um auf einen Nenner zu kommen. So beschreibt Eike Engelbrecht den Arbeitsalltag mit seinem Vater Wolfgang, den er Anfang 2024 als Geschäftsführer der Engelbrecht Medizin- und Labortechnik GmbH in Edermünde abgelöst hat. „Unsere Diskussionen haben einen konstruktiven Charakter. Zudem ergänzen wir uns sehr gut. Jeder hat seinen Bereich, den er federführend betreut. Und wir lernen voneinander. Jeden Tag.“
Seit acht Jahren ist der 35-Jährige bereits an Bord, wollte nach Schule und Studium nie etwas anderes tun als ins väterliche Unternehmen einzusteigen.
Dieses Unternehmen aus Edermünde ist im Hinblick auf den Vertrieb von Objektträgern Marktführer in Europa. Doch das Portfolio ist weitaus größer. „Zum einen liefern wir Verbrauchsmaterialien für Pathologie, Zytologie und Histologie sowie für den allgemeinen Laborbedarf“, sagt Wolfgang Engelbrecht. „Durch den konsequenten Ausbau der Produktpalette und unsere Dienstleistungen sowie einensehr individuellen Kundenservice haben wir uns eine Top-Position am Markt erarbeitet.“
Das zweite Standbein ist ein Archivierungsservice für Pathologie und Zytologie. Dabei geht es um Objektträger und Paraffinblöcke, die untersuchtes menschliches Zellmaterial enthalten, sowie um entsprechende Dokumentationen – für beides gilt in Deutschland eine zehnjährige
Aufbewahrungspflicht. „Die Auflagen für die Lagerung sind sehr streng“, sagt der Seniorchef. „Zudem fehlt in vielen Laboren und Kliniken schlichtweg der Platz. Wir stellen diesen Platz in unseren Hallen zur Verfügung und gewährleisten die ordnungsgemäße Archivierung.“
Extraleistungen als großes Plus
Ein großes Plus seien auch gewisse Extraleistungen. So könnten Kunden unter anderem die Suche nach Material beauftragen, welches zum Beispiel für eine Doktorarbeit oder bei Wiederaufnahme eines Falles durch eine erneute Erkrankung eines Patienten benötigt wird. „Wir genießen ein hohes Vertrauen unserer Kunden und die Nachfrage steigt stetig.“
Die Kunden der Engelbrecht Medizin- und Labortechnik GmbH kommen aus 20 EU-Ländern und zehn Nicht-EU-Ländern. Dass sich das Netz in den nicht-deutschsprachigen Raum ausgedehnt hat, ist nach Aussage von Wolfgang Engelbrecht der Verdienst seines Sohnes. „Für mich war Export – außer nach Österreich und in die Schweiz – lange Zeit kein Thema.
Eike hat den Impuls gegeben, auch den internationalen Markt zu bedienen.“ So stellte das Unternehmen beispielsweise Anfang des Jahres auf der renommierten MEDLAB in Dubai aus und knüpfte weitere weltweite Kontakte.
Reinvestitionen zahlen sich aus
Das Kundennetz weitet sich aus. Damit wächst auch die Nachfrage nach Produkten und Archivierung. Das Unternehmen selbst expandiert kontinuierlich.
Alles begann Ende der 80er-Jahre in zwei Garagen. Die zweite Bleibe, das Raiffeisenwarenlager in Besse, wurde schnell zu klein. So zog man im Jahr 2000 an den heutigen Standort um. Dort wurde die erste Halle errichtet. 2010 folgte die zweite Halle, 2023 eine dritte. „Sobald es nötig ist, setzen wir die vierte Halle daneben“, sagt Eike Engelbrecht.
„Daran sieht man, dass das Geld, das reinkommt, in der Firma arbeitet“, sagt sein Vater. „Ich habe vom ersten Tag an reinvestiert, um das Unternehmen voranzubringen.“ Das gelte auch für die Produktpalette, die stets erweitert werde – ganz nah an den Bedürfnissen der Kunden. „Es läuft sehr gut für uns. Das Ergebnis verbessert sich von Jahr zu Jahr“, so der Juniorchef. „Aber seit jeher hat mein Vater dafür gesorgt, dass das Unternehmen organisch und mit Bedacht wächst. Das ist auch mein Credo.“
Auf der Suche nach Fachkräften
Die Expansion stellt die Firma jedoch vor eine Herausforderung, die zu den größten Problemen der Wirtschaft zählt: Es mangelt an Fachkräften. „Wir beschäftigen derzeit 20 Mitarbeiter. Viele sind schon lange bei uns“, so Eike Engelbrecht. Auch für eigenen Fachkräftenachwuchs wird gesorgt: Es gibt eine Auszubildende im Bereich Büromanagement.
„Vor ein paar Jahren hat die EU zudem die Gesetze für Medizinprodukte verschärft. Das heißt, wir müssen unsere Belegschaft dringend aufstocken“, sagt Wolfgang Engelbrecht,der gemeinsam mit seinem Sohn viel für ein angenehmes und attraktives Arbeitsklima tut.
Attraktives Arbeitsumfeld
„Wir bieten familienfreundliche Arbeitszeiten, die flexibel anpassbar sind. Gerade bauen wir neue Aufenthaltsräume für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und wer ein Elektrofahrzeug besitzt, kann dieses kostenlos mit unserem selbst produzierten Photovoltaik-Strom aufladen.“ Solche Angelegenheiten gehören zum Personalwesen und damit zu den Aufgaben eines Geschäftsführers. Sie kommen zum Kerngeschäft hinzu. „Da musste ich erst reinwachsen“, sagt Eike Engelbrecht. „Die eigentliche Arbeit wird oftmals hintenangestellt. Das ist ungewohnt.“ Mittlerweile hat er sich daran gewöhnt. Und er weiß: Sein Vater wird noch einige Jahre mit ihm zusammen weiter am Wachstum des Unternehmens tüfteln.
Esther Beller
FOTOS: ESTHER BELLER
Wirtschaft Nordhessen – Ausgabe 11/2024